Ein Tal mit vielen Gesichtern

Landschaft & Geologie des Ahrtals von der Quelle bis zur Mündung

 

Das Anbaugebiet Ahr ist mit 563 Hektar das größte zusammenhängende Rotweinanbaugebiet Deutschlands. Es liegt vor den Toren Kölns und Bonns und gliedert sich mit seinem Tal an die Berge der Eifel an.

Erfahre mehr über die geographischen Besonderheiten und warum das Ahrtal ein Paradies für den Weinanbau ist.

Sanfter Start im Quellort Blankenheim

Die Ahr entspringt in Nordrhein-Westfalen im historischen Ortskern von Blankenheim unweit der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz. Aus einer durch mehrere Karstquellen gespeisten, historisch gefassten Quelle fließt sie zunächst als Wiesenbach in vielen Schleifen durch die sanft hügelige Karstlandschaft der Kalkeifel mit ihren markanten Wacholderhängen und den im Frühjahr und Sommer von Orchideen und Enzian bestandenen Kalkmagerrasen.

Mit Eintritt in die sandig-schiefrigen Partien der Ahreifel versteilt sich die Flusslandschaft zum mittleren Ahrtal. In abwechslungsreicher Tallandschaft geht es durch die Ahrberge, entlang steiler Felshänge und windungsreich durch ausgeprägte Talmäander. Die häufigen Umlaufberge, wie der mit der Burg Kreuzberg, berichten aus der Entstehungsgeschichte des Tales. Noch vor wenigen hunderttausend Jahren umfloss die Ahr diese Felsen in einer Schleife, bevor sie die Abkürzung vor dem Felsen entlang fand – ihren heutigen Weg. Zurück blieben das Trockental und ein Umlaufberg.

Wein und Felsen entlang der Mittelahr

Mit dem Naturschutzgebiet Ahrschleife bei Altenahr beginnt das tief eingeschnittene Engtal. Hier an der spektakulären Mittelahr ragen zu beiden Seiten des schluchtartigen Talabschnittes steile, fast senkrechte Felsklippen bis zu 200 Meter empor und drängen die schattige Talsohle auf weniger als 50 Meter Breite zusammen. Die kathedralenartig aufwärtsstrebenden Felswände entstanden durch das Zusammenspiel von Gebirgsfaltung und späterer Tiefenerosion der Ahr. Die Auffaltungsprozesse, im Zuge derer das Rheinische Schiefergebirge im Erdaltertum entstand, ließen hier den Ahrtalsattel aufsteigen, in dessen Kernbereich die Gesteinsbänke die steilste Aufrichtung erfuhren. Wiederholte plattentektonische Bewegungen zerrütteten die obersten Partien und schufen eine Schwächezone, an der sich hunderte Millionen Jahre später, zu Beginn der Erdneuzeit, die junge Ahr auf ihrem Weg zum Rhein orientierte und dabei mit ihrer Tiefenerosion dieses spektakuläre Landschaftsbild freilegte.

Ab Altenahr gesellt sich noch ein weiterer landschaftsprägender Aspekt dazu, die Kulturlandschaft der Weinahr. In jahrhundertelanger Tradition nutzen die Anwohner die durch das Tal windgeschützten, zur Sonne exponierten Schieferhänge für den Weinbau und schufen die steilen Weinbergsterrassen. Nachdem das Engtal an der Lochmühle vor Mayschoß seine zweite große Flussschleife passiert hat, weitet es sich im Folgenden bis Dernau auf rund 200 Meter Breite zu einer lebhaften Szenerie aus Talmäandern und Umlaufbergen.

Weites Flusstal ab Walporzheim

Die letzte und stärkste Einengung erfährt das felsenreiche mittlere Ahrtal an der Felsformation Bunte Kuh unweit des Klosters Marienthal. Kurz danach öffnet sich ab Walporzheim das Ahrtal zu einer Talweitung von rund einem Kilometer Breite. Die Sprunghöhe zu den meist mäßig geneigten Talhängen beträgt hier nur noch rund einhundert Meter.

Dieser auffällige Wechsel des Landschaftsbildes hat seine Ursache in der Nähe zur direkt nördlich angrenzenden flachwelligen Ebene der Niederrheinischen Bucht. Einige ihrer Nordwest/Südost ausgerichteten Verwerfungslinien kreuzen hier das Ahrtal und führten während der jüngeren Erdgeschichte durch Abwärtsbewegungen zu großräumigen Senkungsbereichen, die sofort von jungen Ablagerungen aufgefüllt wurden. Das Tonvorkommen von Ringen ist ein Beispiel dafür. Ein Blick von der Landskrone in Richtung Bad Neuenahr macht die Landschaftsstufe deutlich sichtbar. Die Talweitung von Bad Neuenahr ist also landschaftlich bereits der Abflachung der Ahreifel zur Niederrheinischen Bucht zuzuordnen. Daher gestaltet sich die nördliche Talseite auch eher als lebhaftes Hügelland, während die südliche Talseite noch Mittelgebirgscharakter besitzt.

Öffnung zum Rheintal bei Sinzig

Die Verwerfungslinien der Niederrheinischen Bucht schufen auch die Aufstiegswege für die Vulkane des unteren Ahrtals, wie den Neuenahrer Berg und die Landskrone. Auch steigen an diesen Verwerfungslinien und an der Störungszone des Ahrtalsattels die kohlensäurehaltigen Mineralwässer des Ahrtals auf. Zur Gewinnung von Ackerland kam es in früheren Zeiten zur baulichen Reduzierung der ehemaligen Wiesenmäander, seither hat die untere Ahr ein sehr gerades und damit schnelles Flussbett.

Ahrabwärts, östlich der Vulkane, enden die letzten Weinberge von Heimersheim und Ehlingen. Weiter flussabwärts verliert das untere Ahrtal stark an Relief und öffnet sich ohne markante Geländestufen dem Rheintal. Hier zeigt sich erneut die landschaftsprägende Wirkung des Ahrtalsattels. Wiederholte Bewegungen in seinem Verlauf auch während der jüngsten Erdgeschichte schufen die Ahrtalstörung, die hier auf das Rheintal trifft. In dieser Schwächezone schuf die Ahr mit ihrem windungsreichen Verlauf eine flache Mündungsebene mit riesigen Schwemmfächern und drängte damit den Verlauf des Rheins weit nach Osten ab. Aufgrund der fruchtbaren Schwemmlandböden trägt die Mündungsebene der Ahr den Namen „Goldene Meile“.

Von ihrer Quelle (470 Meter üNN) bis zu ihrer Mündung (50 Meter üNN) legt die Ahr auf ihren 90 Kilometern Flusslänge rund 400 Höhenmeter zurück. Ihre Mündung in den Rhein liegt nahe dem Städtchen Sinzig in einem Naturschutzgebiet mit dem Schutz der Erhaltung des natürlichen Mündungsgebiets mit seinen Wasser-, Sand- und Schlammflächen sowie als Lebensraum wildwachsender Pflanzen und seltener Tier- und Vogelarten.